Farben spielen eine zentrale Rolle in Kunst, Design und Architektur. Sie beeinflusst, wie wir Räume wahrnehmen und welche Stimmungen in ihnen entstehen.
Das Thema Farben ist so vielfältig, wie es Farbtöne gibt. Deshalb habe ich für dieses Thema eine Beitragsserie gemacht. Denn erste im Zusammenhang mit der Entwicklung von Farbenlehren und Farbkonzepten wird die Wirkung von Farben erst verständlich.
Wir schauen uns an, wie sich die Farbenlehre im Laufe der Geschichte entwickelt und verändert hat – von traditionellen symbolischen Bedeutungen bis zu modernen Farbkonzepten am Bauhaus oder Le Corbusier.
Wahrnehmung von Farben
In der traditionellen Malerei, Architektur und sakralen Kunstwerken spielten Farben eine vor allem symbolische Rolle. Es gab keine Farbstrategie, sondern eine Farbsymbolik, die bewusst eingesetzt wurde. Ihre Bedeutung war fest verankert in religiösen, kulturellen und philosophischen Vorstellungen.
So stand beispielsweise Rot häufig für Macht und Leidenschaft, während Blau und Violett oft mit Spiritualität und Reinheit assoziiert wurde. Gold symbolisierte Licht und Unvergänglichkeit, während Grün für Leben und Erneuerung stand.
Diese festen Zuordnungen basierten weniger auf experimentellen Erkenntnissen als vielmehr auf überlieferten Symbolen und spirituellen Konzepten.

Hier eine Moscheekuppel von innen. Die Farbgebung der Fliesen in Blau und Violett, um Spiritualität und Reinheit zu symbolisieren. Bild: soroush-zargar-ueber-unsplash

Auch eine Kuppelgestaltung von innen. Gold als Symbol für Licht und Unvergänglichkeit. Bild: faruk-kaymak-über-unsplash
Traditionelle Farbsymbolik
Neben diesen westlich-kirchlichen Farb-Symbolen spielten auch spirituelle Konzepte eine wichtige Rolle:
- Spirituelle Bedeutungen: In vielen Kulturen, etwa im Hinduismus und Buddhismus, werden Farben mit den Chakren – den Energiezentren des Körpers – in Verbindung gebracht. Jede Farbe korrespondiert dabei mit bestimmten Eigenschaften und Schwingungen.
- Frequenzen und Schwingungen: Es gibt zudem die Vorstellung, dass Farben energetische Frequenzen besitzen, was den Glauben unterstützt, dass Farbe auf einer tieferen, spirituellen Ebene wirkt.

Eine Fliesenwand aus der Alhambra Granada in Spanien. (maria-bobrova-ueber-unsplash)
Kulturelle Wurzeln
Außerhalb dieser religiösen Kontexte existieren weitere Farbkonzepte in verschiedenen Kulturen:
- Asiatische Kulturen (z. B. China): In der chinesischen Tradition sind die fünf Elemente – Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser – eng mit bestimmten Farben (Grün, Rot, Gelb, Weiß und Schwarz) verknüpft. Diese Farben symbolisieren unterschiedliche Aspekte der Natur und des Lebens und prägen Kunst, Architektur und Alltag.
- Arabischer Kulturraum: Hier wird Farbe stark symbolisch genutzt. Grün, beispielsweise, ist eng mit dem Islam, dem Paradies und Fruchtbarkeit verbunden, während andere Farben wie Blau und Gold Reinheit, Wohlstand oder spirituelle Werte ausdrücken.
- Afrikanische Kulturen: In vielen afrikanischen Traditionen haben Farben vielfältige Bedeutungen. Sie können soziale Zugehörigkeit signalisieren. So haben wir Freunde aus Kamerun. Ihre Dorffarbe ist Blau-Weiß, dies symbolisiert ihre Herkunft und führt dazu, dass bei jeder Feier (z.B. Hochzeit) die traditionellen Gewänder mit diesen Stofffarben hergestellt werden. Die Farben übermitteln Botschaften oder drücken Vitalität und Stärke aus – wobei die genaue Symbolik regional und ethnisch variiert.
- Japanischer Kulturkreis: Im japanischen Kulturkreis besitzen Farben oft eine subtile und vielschichtige Bedeutung, die eng mit der Natur, den Jahreszeiten und traditionellen ästhetischen Prinzipien wie Wabi-Sabi verbunden ist. So symbolisiert ein zartes Rosa etwa die Vergänglichkeit der Kirschblüten, während dunkle Töne wie Indigo (Ai) und Grau Eleganz, Schlichtheit und Ruhe ausdrücken. Zudem kann Weiß als Zeichen von Reinheit und Neubeginn stehen, aber auch als Farbe der Trauer interpretiert werden. Rot wird häufig als Ausdruck von Lebensenergie und Schutz genutzt – besonders in festlichen oder spirituellen Kontexten. Traditionelle Farbtöne wie Kurenai (ein leuchtendes Rot) haben seit Jahrhunderten eine tief verwurzelte kulturelle Bedeutung. Dieses Rot ist DAS Symbol für Lebensenergie und wird für den persönlichen Hanko-Stempel verwendet und ist Teil der Nationalflagge.

Das japanische Rot wird für den klassischen Hanko-Stempel als Farbe benutzt.
Von der Farbsymbolik zur Farbenlehre
Mit dem Beginn der Aufklärung und den damit verbundenen wissenschaftlichen und rationalen Denkansätzen entwickelten sich neue Ansätze zur Farbenlehre. Forscher, wie Goethe, versuchten, die Wirkung von Farben systematisch zu erforschen und ihre subjektiven sowie objektiven Eigenschaften zu beschreiben.
Wandel durch die Moderne
Der technologische Fortschritt (Fotographie / Drucktechnik), die Öffnung zu anderen Kulturkreisen (Weltausstellungen Paris 1867 und Wien 1873) und neue Auftraggeber aus dem Bürgertum veränderten den Blick auf die ästhetischen Ansprüche und bewirken, dass Künstler nach neuen Ausdrucksformen suchten.
Der Einsatz von Farben wurde neu definiert, der Beruf des Designers entstand und mit diesem Wandel der Wunsch nach einer Farbenlehre, welche die gesellschaftliche Veränderung widerspiegelte.
Es entstanden Farbsysteme wie Farbpaletten und systematische Farbschemata aus dem Bedürfnis, Emotion und Funktion in der Gestaltung besser miteinander zu verbinden.
Diese Entwicklungen mündeten schließlich in den modernen Ansätzen, etwa am Bauhaus, wo Künstler und Designer wie Itten und Albers begannen, Farbe nicht nur als fest definiertes Symbol, sondern als dynamisches, kontextabhängiges Gestaltungsmittel zu verstehen. Dabei wurde die subjektive Wahrnehmung ebenso berücksichtigt wie die physikalischen Eigenschaften von Licht und Farbe.
Farbsysteme unserer Wahrnehmung
Es gibt zwei Formen der physikalischen Entstehung von Farben, die unser Auge wahrnehmen kann.
Additive Farbmischung:
- Stell dir vor, du hast drei Taschenlampen mit farbigen Filtern: eine rote, eine grüne und eine blaue.
- Wenn du diese drei Lichtstrahlen auf eine weiße Wand scheinen lässt, wo sie sich überschneiden, entstehen neue Farben.
- Wenn alle drei Lichtstrahlen zusammenkommen, entsteht weißes Licht.
- Das bedeutet, dass bei der additiven Farbmischung Farben hinzugefügt werden, um hellere Farben zu erzeugen.
Subtraktive Farbmischung:
- Denk an einen Tintenstrahldrucker, der bunte Punkte auf Papier druckt.
- Der Drucker verwendet Tinten in den Farben Cyan (ein helles Blau), Magenta (ein kräftiges Rosa), Gelb und Schwarz.
- Wenn diese Tinten auf dem Papier übereinander gedruckt werden, absorbieren sie bestimmte Lichtfarben und reflektieren andere.
- Dadurch entstehen die verschiedenen Farben, die wir sehen.
- Hier werden also Farben weggenommen (subtrahiert), um dunklere Farben zu erzeugen.
Additive und subtraktive Farbmischung
Die additive Farbmischung erfolgt bei Mischung von Licht (z. B. Bildschirme, Regenbogen und Diskolicht)
Die subtraktive Farbmischung erfolgt durch Pigmentmischung. (Alle Arten von Pigmenten, künstliche oder natürliche Farbpigmente z. B. Natürliche Erd- oder Steinpigmente, HKS, Pantone, 4-Farbdruck, Sonderfarben)
Möchten wir Farben für unser Design definieren, sollten wir immer beide Farbsysteme im Blick behalten, denn unsere Kommunikationskanäle werde sowohl durch Licht als auch durch Pigmente gesteuert.
Wichtig: Das Farbspektrum durch Licht erzeugte Farben ist weitaus größer ist als durch Pigement erzeugte. Dies führt dazu, dass Farben, die wir im Branddesign am Bildschirm auswählen nicht in Pigmenten reproduziert werden können. Deshalb bin ich ein Fan von der Farbauswahl von Brandingfarben nach beiden Systemen.

Links: additive Farbmischung – Licht // Rechts: Die subtraktive Farbmischung – Pigmente
Farbenlehre am Bauhaus und das Farbsystem von Le Corbusier
Am Bauhaus lehrte Johannes Itten, dass Farben individuell und subjektiv wahrgenommen werden – eine Abkehr von den festen traditionellen symbolhaften Bedeutungen von Farben.
Ergänzend dazu prägte Josef Albers die Farbtheorie maßgeblich durch seine Experimente mit Farbkontrasten und deren Wechselwirkungen. Er zeigte, dass die Wirkung einer Farbe stark von den benachbarten Farben abhängt und es keine absoluten Farbwerte gibt – eine Erkenntnis, die das moderne Verständnis von Farbe als dynamisches, kontextabhängiges Element vertiefte.
Gleichzeitig entwickelte der Architekt Le Corbusier ein Farbkonzept, bei dem Farbe systematisch in die Architektur integriert wurde, um Räume in ihrer Wirkung und Funktion zu unterstützen – hier spielt die Wirkung von Licht eine große Rolle.

Fazit
Aus der Farbsymbolik entwickelten sich Farbkonzepte. Farbkonzepte für Druck, Textildesign, Gestaltung von Räumen oder Alltagsgegenständen, haben dazu beigetragen, dass Farbe als gezielt einsetzbares Gestaltungsmittel verstanden wird.
Heute wird Farbe oft als flexibles Mittel genutzt, das je nach Situation verschiedene Botschaften transportieren kann.
Hier geht es zum Folgeartikel: Farbsysteme: Farbenlehre und Farbpaletten
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»Die stärkste Farbe findet ihr Gleichgewicht, aber nur wieder in einer anderen starken Farbe, und nur wer seiner Sache gewiss wäre, wagte sie nebeneinander zu setzen.«
Johann Wolfgang von Goethe

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