Heute rasen wir in Sekunden durch unsere Feeds und verpassen dabei oft die Tiefe, nach der wir uns eigentlich sehnen – doch wie finden wir in der Schnelllebigkeit der Social-Media-Welt echte Verbindungen und Bedeutung?
Heute geht es um Design, Oberflächlichkeit und Tiefe. Es geht um Magazine und Magazindesign.
Wer mich schon kennt, weiß, dass ich gerne die besonderen Design-Themen suche. Nicht das Standarddesign interessiert mich, sondern Kommunikationsmittel und Ausdrucksformen des Grafikdesigns, die mich berühren, meine Sinne ansprechen und zu denen ich gleich in den ersten Sekunden eine Verbindung aufbauen kann.
Du erfährst, was mich am Magazindesign fasziniert und warum ich glaube, dass Magazindesign wieder ein Revival erlebt.
Magazine passend für jeden Kunden
Als ich 1984 meine Ausbildung zur Grafikdesign-Assistentin begann, waren Print-Magazine voll im Trend. Es schien, als hätte jede Firma und jedes Möbelhaus ein gedrucktes ‚Hausmagazin‘ für Mitarbeiter oder Kunden, das über aktuelle Themen informierte.
Dieser Boom wurde durch die Einführung von Farbkopierern angetrieben, die den Design- und Herstellungsprozess erheblich vereinfachten. Der 4-digital-Farbdruck in kleinen Auflagen, flexible Formate, einfache Bindetechniken und kurze Produktionszeiten ermöglichten es, Inhalte flexibel zu gestalten.
Parallel dazu revolutionierten neue Software-Technologien, insbesondere aus der Apple-Welt mit ihren ersten Desktop-Anwendungen, die Arbeit von Designern. Plötzlich konnten Computer und Software einfach und intuitiv bedient werden, ohne dass eine spezielle IT-Affinität erforderlich war.
Für mich als Designerin war dies ein echter Segen. Aus vormals komplexen Prozessen mit externen Partnern wurden hausinterne Produktionen: Von der Gestaltung über die Reinzeichnung, den Satz bis hin zum Druck – alles konnte von einem einzigen Designer eigenständig umgesetzt werden.
Ich sammelte zu dieser Zeit alle möglichen Magazine, die etwas Besonders an sich hatten. z.B. Die alten Twen oder Stern-Ausgaben der 60er Jahre.
Magazindesign im Wandel
Als ich 1992 mit meinem Studium begann, erlebte ich einen Entwicklungstrend, der an die 80er Jahre erinnerte: Neue Technologien, schnellere Computer und verbesserte Software ermöglichten es, Inhalte noch schneller und flexibler zu gestalten und per Mausklick zu veröffentlichen. Diesmal vollzog sich der Wandel jedoch von der Printwelt hin zur digitalen Welt.
Während meines Studiums in den USA (1996) tauchte ich in die Gestaltung von interaktiven CD-ROMs ein, sammelte erste Erfahrungen mit Photoshop und beschäftigte mich intensiv mit der Gestaltung von digitalen Magazinen, Broschüren und Online-Präsenzen.
Digitalisierung der Designerwelt
Software und Computer fanden Einzug an den Hochschulen und wurden für Designstudenten erschwinglich. Natürlich nutzten wir die technischen Möglichkeiten voll aus, experimentierten und testeten, was in der Gestaltung mit Schriften und Bildern möglich war.
Wer kennt David Carson oder die Emigree- Magazine? In jenen Zeiten waren sie eine revolutionäre Neuerung im Magazindesign, während sie für erfahrene Designer oft ein optischer Graus darstellten.
Damals ignorierten wir bewusst traditionelle Gestaltungsraster, zerlegten Schriften und Buchstaben und setzten sie neu zusammen, um frische Ausdrucksformen zu entdecken.
Wir erstellten Bildcollagen und experimentierten mit allem, was die Technik hergab. Leider habe ich diese Arbeiten im Laufe der Jahre und vieler Umzüge aussortiert, aber die Magazine sind bis heute in meiner Sammlung geblieben!
Neben all den kreativen Experimenten bot die Software auch die Möglichkeit, digitale Designs einfacher zu veröffentlichen. Ein Klick – und schon waren die Inhalte im Internet sichtbar, lesbar und erlebbar.
Der Wandel von Print zu Digital
Mit dem Aufkommen von Internet, CD-ROMs, Social Media und E-Mail-Marketing gerieten Print-Magazine immer stärker unter Druck: Sie waren zu langsam, zu aufwändig, zu unflexibel und oft zu kostenintensiv.
Selbst Fachmagazine verlagerten ihre Inhalte auf Websites, um sie tagesaktuell und thematisch sortiert abrufbar zu machen. Online-Magazine brauchten zwar noch etwas Zeit, ihren Platz zu finden, aber die ersten Versuche waren meist im statischen PDF-Format – eine Form, die der Flexibilität des Online-Mediums noch nicht gerecht wurde.
Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. Analog und digital erstellte Designs wurden kombiniert.
Digitale Fotographie
Das Magazindesign erlebte einen Wandel: Mit der steigenden Verfügbarkeit von erschwinglichen Bildern verdrängten Fotografien zunehmend Illustrationen. Durch die Verbreitung von Handykameras wurde es einfacher denn je, Magazine mit vielseitigem Bildmaterial zu bereichern.
Digitale Marketing-Kanäle stellten zudem neue Anforderungen an die Fotografie – geringe Auflösung, Schnelligkeit, Flexibilität und Aktualität – und beeinflussten damit das Design von Magazinen maßgeblich.
Mit der Einführung von KI-Bildgenerierungstools wie Midjourney, Firefly oder flux steht das Magazindesign erneut vor einem Umbruch. Nun können auch Laien ohne teure Ausrüstung Bilder und komplette Layouts erstellen und gestalten, was die Zukunft der Magazingestaltung nachhaltig verändern wird.
Magazingestaltung von Emigree um 2000. Experimentierfreudig und OUTSIDE THE BOX.
Magazingestaltung 2003, schräge und zackige Spalten waren möglich sowie die Verzahnung von Bild und Text.
Magazingestaltung: Tiefe oder Schnellebigkeit?
Geht es dir ähnlich wie mir? Ich merke, dass ich viele Onlineangebote nur noch oberflächlich lese. Das liegt zum einen an den kurzen, schnell zu konsumierenden Inhaltshäppchen, aber auch an der kurzen Taktung des Eingangs im Postfach. Viele E-Mails bekomme ich täglich oder wöchentlich!
Und deshalb glaube ich, dass der Trend zu Onlinemagazinen geht, welche die Brücke schlagen zwischen schnell zugänglichem Input (Teasertexte, Integration von Video, interne Links und externe Verlinkungen zu anderen Medien) und einem tiefgründigen Informationsaustausch.
Digitale Transformation und verändertes Leseverhalten
Für die Gestaltung von Onlinemagazine ist auf jeden Fall die Flexibilität, Inhalte in ansprechenden, leicht zugänglichen Formaten zu präsentieren, von Vorteil.
Fotos (RGB) müssen nicht mehr langwierig in CMYK umgewandelt werden. Farbproofs sind unnötig, da jede Bildschirmwiedergabe so oder so individuell ist.
Das Leseverhalten kann viel individueller an die Zielgruppe angepasst werden. „Häppchenleser“ und „Vielleser“ können zusammen in einem Magazin bedient werden (Hier geht es zu meinem Blogartikel über Lesegewohnheiten).
Was aber nicht zu unterschätzen ist, sind die gestalterischen Herausforderungen eines Onlinemagazins. Unterschiedliche Bildschirmgrößen bedeutet Skalierung der Inhalte, was mehr Weitblick im Magazindesign erfordert.
Wichtig, damit der Leser den Überblick nicht verliert.
- Ein Inhaltsverzeichnis: Am besten anklickbar, damit ein Wechsel zwischen den Seiten und Artikeln erleichtert wird.
- Eine gut leserliche Schrift
- Text in ausreichender Schriftgröße und Zeilenabstand
- Klare Orientierung, in welcher Rubrik sich der Leser befindet.
- Bildern und Farben helfen bei der schnellen Erfassung der Inhalte.
- Klare Blickführung: Um was geht es? Wohin möchte ich die Aufmerksamkeit des Lesers richten?
- Wo ist die Botschaft und wie gestalte ich diese?
Interaktive und multimediale Inhalte
Im Gegensatz zu statischen Printmedien können heutige Onlinemagazine multimediale Inhalte wie Videos, Audio und interaktive Grafiken integrieren, die das Leseerlebnis bereichern und die Engagement-Raten der Leser erhöhen.
Onlinemagazine erlauben die nahtlose Einbindung von Videos, Links und interaktiven Elementen, die das Thema lebendig und dynamisch machen und können so auch als Funnel funktionieren.
Online-Magazindesigner sollten die Interaktivitätsmöglichkeiten sichtbar machen:
- Interne und externe Links klar als solche erkennbar machen.
- Farben helfen bei der Orientierung und der Blickführung.
- Videos oder Animationen mit einem Beschreibungstext begleiten, was den Leser erwartet.
Beispiele für Designstile im Magazindesign
Verspieltes Magazindesign. Hier geht es mehr um eine Stimmung, weniger um die Lesbarkeit.
Klassisch, seriöses Magazindesign mit viel Text / Bild und Text
Magazindesign für ein Fotomagazin. Die Bilder sind großformatig auf die Doppelseite gezogen, um ihre Wirkung zu entfalten, Texte dezent zur Beschreibung.
Der llustrationsstil im Magazindesign wird gerne genommen, wenn Geschichten erzählt werden, die die Fantasie anregen sollen. Gerne auch für Portraits von Persönlichkeiten oder Gastbeiträgen. Das Zeitmagazin arbeitet z.B. sehr gerne mit Illustrationen, um mehr Vielfalt und Stimmung in ein Magazin zu bekommen.
Eine Infografik im Magazindesign lockert technische Texte oder Statistiken auf, indem Grafiken zur Veranschaulichung aus den Daten erstellt werden. Man nutzt diesen Stil für die Visualisierung von Daten und Fakten.
Egal ob für Online oder Print Magazine gestaltet wird. Ein Magazindesign ist immer dem Zeitgeist und Trends unterworfen, da es nicht wie ein Logo oder ein Markendesign über Jahre funktionieren muss.
Was mich an Magazinen, speziell an Online-Magazinen fasziniert?
Im Gegensatz zu „Häppchenleser“ von Social Media, sind Leser eines Online- oder Print-Magazins an Kontinuität und Thementiefe interessiert.
Die Suche nach Verbundenheit mit dem Thema, Ruhe beim Schmökern und den Wunsch nach „Ausklinken“ aus dem hektischen Alltag stehen bei mir im Vordergrund. Ich wünsche mir bei vielen Themen, dass die Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit von Social Media-Texten durch die Tiefe und Leidenschaft eines Magazinverfassers – sei es in einem Online- oder Printmagazin – ergänzt wird.
Das spiegelt sich auch in der Gestaltung wider. Dazu gehört ein ansprechendes, gestalterisches Gesamtpaket. Ein Magazindesign mit guter Typografie, schönen Bildern, eine gute Raumaufteilung und gut proportionierte Textmengen sind für mich ein Augenschmaus.
Ich vergleiche ein Magazindesign gerne mit einem guten Theaterstück. Ein Magazin sollte immer eine Dramaturgie in sich tragen, damit meine ich: Es muss von der ersten bis zur letzten Seite spannend bleiben. Wer sich am Anfang Zeit nimmt und darüber nachdenkt, wie die Neugier und Lesebereitschaft über einen längeren Zeitraum aufrecht gehalten werden kann, findet Zugang zu seiner Leserschaft.
Ich genieße zum Beispiel die wöchentliche Ausgabe der Zeit. Das ist für mich der Einstieg ins Wochenende. Das Zelebrieren von Wissenstransfer oder das „Sich-Überraschen-Lassen“ in einer gemütlichen Atmosphäre. Sie gibt mir Raum und Zeit zum Nachdenken und Nachwirken lassen.
Denke daran: Magazininhalte – egal ob für Print oder Online – sind keine Häppchen für zwischendurch, sondern werden eher entspannt konsumiert – nicht in Eile. Man blättert Seite um Seite und verweilt auch mal länger bei dem einen Artikel – überblättert auch mal den anderen Artikel, um ihn dann später weiter zu lesen. Wenn Magazine richtig gut gemacht sind (also OUTSIDE THE BOX), dann bleiben sie in Erinnerung und du hast treue Kunden. Ich gehe sogar so weit, dass ich gute Magazine aufhebe – zum Nachschlagen oder als Inspirationsquelle.
Wenn du dir auch ein Designprojekt vorstellen kannst, das etwas Besonderes werden soll, dann melde dich gerne bei mir. Schickt mir eine DM oder schreib eine E-Mail an info@cc3design.de.
10 Tipps für ein Magazindesign: Online und Print
- Entscheide dich für eine Software. Kann sie deine Bedürfnisse technische erfüllen und kennst du dich damit aus?
- Definiere einen Designstil für dein Magazin (Umgang mit Bildern, Texte, Weißraum) und erstelle erste Entwürfe, um deinen Stil zu finden. Wie möchtest du dein Thema visuell sichtbar machen?
- Sammle alle Inhalt (Texte, Zahlen & Fakten sowie Bildermaterial).
- Mache ein Scribble über die Seitenaufteilung. Überlege dir, wie die Seitenabfolge eines Magazins sein soll. Es wie bei einem Theaterstück, der Ablauf ist wichtig, um die Neugier und die Lust am Lesen zu wecken.
- Definiere deine Typografie. Schriftart, Schriftschnitt und deine Schriftgrößen für die jeweiligen Textpassagen (Headline, Subline, Copy, Pagina, Bildbeschriftungen usw.) Bei einem Magazindesign mit viel Text steht die Lesbarkeit im Vordergrund, bei einem Magazin mit vielen Bildern, sollten die Bilder wirken können und die Typografie dezent sein.
- Definiere ein Grundraster für das gesamte Magazin (Abstände zu den Rändern, Spaltenanzahl und -abstand, Positionierung von Seitenzahlen, Rubrik)
- Gestalte dir Musterseiten (Doppelseiten) für ähnliche Contentseiten, das spart Zeit.
- Erst jetzt kannst du deine Inhalte in das Magazin einfügen und dir konkret Gedanken zur Gestaltung deiner Doppelseiten machen (Inhaltsangabe, Titel, Innenseiten)
- Achte bei der Gestaltung auf die Bedürfnisse der Leser. Online und Print haben unterschiedliche gestalterischer Herausforderungen, z. B. an die Lesbarkeit oder Bildqualität.
- Wenn alles fertig gestaltet ist, sollte noch ein zweites Augenpaar über das Magazin schauen. Denn es schleichen sich doch immer wieder Fehler ein.