Sag mal, Cornelia, warum lernst du die japanische Sprache?

Design und Japan

So beginnt meist die Konversation und dann überlege ich jedes Mal aufs Neue, was mich dazu angetrieben hat diese Sprache zu lernen. Die Antworten sind vielschichtig und je nach Stimmung und gegenüber gebe ich unterschiedliche Antworten. Es gibt keinen konkreten Anlass, der mich dazu geführt hat. Es hat sich so ergeben, keine Zufallsbekanntschaft, sondern eine schrittweise Annäherung. Und wenn ich zurückdenke, so habe ich schon lange unbewusst japanische Themen in mich aufgesaugt.

Deshalb habe ich sie einmal zusammengefasst zum Nachlesen und damit ich auf diesen Artikel verweisen kann. Denn es ist so vielschichtig und für mich mehr als „nur“ eine Sprache lernen. Hier also meine 8 Gründe, warum ich Japanisch lerne und dranbleibe. Fangen wir von Anfang an …

Kreative Freizeitbeschäftigung

Eigentlich begann alles 2005 mit der Suche nach kreativer Freizeitbeschäftigung. Ich landete in einem japanischen Tuschmalerei-Kurs. SUMIE wird das genannt. Eine reduzierte Form der Gestaltung basierend auf schwarz und weiß in Verbindung mit meditativen Elementen. Philosophie der Reduktion, die Kunst des Weglassens und dem Einsatz von Weiß als Gestaltungsraum. Dabei ist nicht das Ziel der Weg, sondern der Weg ist das Ziel. Das bedeutet, die Auseinandersetzung mit Pinsel und Papier steht im Vordergrund. Was passiert mit. Dem Papier, wenn der Pinsel zu voll mit Wasser ist. Wie kann ich durch Druck auf den Pinsel die Strichführung beeinflussen?

Ich bin kein spiritueller Mensch, aber meditative Einheiten, wie das Reiben der Tusche – hat mich jedes Mal den Alltag vergessen lassen. Bewusst haben wir keine fertige Tusche verwendet, sondern durch die eigene Produktion der Tusche im Kreativprozesses innegehalten.

Entgegengesetzt zur Tuscheproduktion (Verlangsamung) ist der eigentliche Malprozess sehr spontan und intuitiv. Man muss schnell arbeiten und sich auf den Zufall einlassen. Vertrauen zu seinen eigenen Fähigkeiten, kein Strich kann rückgängig gemacht werden. Es ist, wie es ist. Man lernt Realitäten, als ein Teil des Prozesses zu akzeptieren. Und das Ergebnis dann umso mehr wertzuschätzen. Denn es ist einmalig. Nicht reproduzierbar. Ich habe oft versucht, ein Motiv in gleicher Weise nochmals zu kreieren, um es zu verschenken, aber es hat nie funktioniert. Jedes Bild zu Hause an unserer Wand ist einmalig. Jedes Bild, das ich verschenkt habe, ist einzigartig. Ich hoffe, die Besitzer wissen dies zu schätzen.

Japanische Keramiktechnik RAKU

Nachdem ich in der Malerei schon einige Aha-Momente hatte, wagte ich mich an die 3-dimensionale japanische Kunst. Die Keramiktechnik RAKU, welche ähnlich der Tuschemalerei auf den Farben schwarz und weiß aufbaut.

Was mich hierbei aber fasziniert, ist die Philosophie des Markels. Also, wenn etwas nicht perfekt ist, dann ist es etwas Besonderes. Denn die Einmaligkeit des Augenblicks – dem Brennvorgang – ist auch hier nicht reproduzierbar. Es hat mir wieder gezeigt, dass perfekt geplante und umgesetzten Keramikobjekt niemals schöner sind als das Zusammenspiel mit dem Zufall. In der japanischen Keramik werden Fehler als etwas Einzigartiges gesehen, oft werden Objekte, die im Brennvorgang gesprungen sind, wieder zusammengeklebt und durch Vergoldung der Bruchkante hervorgehoben. Es hat mich so sehr an die Philosophie des Personal-Brandings erinnert.

Einzigartigkeit erreichst du nur, indem du dich von anderen unterscheidest. Und deine Erlebnisse sind ein Teil von dir, die dich einzigartig machen.

Planung einer Japanreise

Nach diesen lehrreichen Jahren in der japanischen Tusche- und Keramik-Kunst wuchs mein Wunsch eine Reise nach Japan zu unternehmen. Eine Reise in das Land, mit dessen Kunst ich mich nun schon 14 Jahre beschäftige. Doch die üblichen Touristenpfade will ich nicht beschreiten. Ich möchte eine Tuschefabrik besuchen, Papierherstellung kennenlernen und in einem traditionell eingerichtetes japanisches Hotel übernachten.

Einem Ryokan (jap. 旅館, wörtlich: Reisegasthaus) dort spricht man kein Englisch. Dafür muss ich einige Wörter auf Japanisch können. Denn im Umland der japanischen Städte wird selten Englisch gesprochen. So begann ich 2019 mit dem Erlernen der japanischen Sprache.

Japanische Sprachkenntnisse

Ja klar, durch eine Sprache lernt man viel über eine Kultur. Man erlangt Erkenntnissen über die Menschen, ihre Geschichte und auch über Wörter, die wir hier alltäglich benutzen und deren Ursprung in Japan liegt. (z. B. Kamikaze)

Man lernt die Feinheiten im Umgang miteinander, Respekt und Wertschätzung, die in der japanischen Kultur ausgeprägter sind als in anderen Kulturen oder bei uns verloren gegangen sind.

Emotionen und Gefühle werden in der schriftlichen japanischen Kommunikation nicht ausgedrückt – und gerade deshalb wurden in Japan auch die Emojis geboren – aber auch weil Kanji länger zum Schreiben brauchen. 

Etwas für das Gehirn tun

Ich habe mal gelesen, wenn man im Alter noch eine neue Sprache lernen soll. So baut sich das Gehirn nicht so schnell ab oder bleibt länger aktiv. Sicherlich ist da etwas dran und da ich ja nicht in Rente gehen werde, ist es mir ein Bedürfnis dieses Gehirn fit zu halten – nicht nur meinen Körper.

Aber die japanische Sprache ist für uns westlich geprägten Menschen eine Herausforderung in vielerlei Hinsicht.

Schriftzeichen

Unsere Zeichensprache beruht auf den lateinischen Buchstaben, die nur aus 24 bestehen.

Die schriftliche japanische Sprache hat 3 unterschiedlichen Schriftzeichen. Daraus werden dann die Texte verfasst.

  • Kanji (identisch in der Bedeutung der chinesischen Schriftzeichen)
  • Hiragana, mit denen man all das ausdrückt, was nicht durch die Kanji abgedeckt wird und
  • Katakana für all die ausländischen Wörter – vor allem englische Wörter – die nach Japan kommen – schreibt.

Kanji haben mich vom ersten Tag an fasziniert. Vielleicht, weil sie mich an kleine Icons oder Logos erinnern.

Satzaufbau

Die Satzstellung der japanischen Sprache

    1. Nicht umsonst wird die japanische Sprache als eine komplizierte Sprache gesehen. Es gibt nicht die Regel SPO Regel. Das Subjekt wird einmal erwähnt und die Folgesätze kommen ohne das Subjekt klar. Man kann ihn sich aus dem Zusammenhang herausfinden (was mir echt schwerfällt!).
    2. Das Verb ist am Ende des Satzes. Wir sind gewohnt draufloszureden und das Subjekt und Verb kommen am Anfang. Hier ist das Verb am Satzende und somit erfahre ich erst zum Schluss, was getan wird und wann.

Grundwortschatz JLPT 5

Jetzt stellt sich die Frage, warum ich für eine Reise nicht einfach nur den Grundwortschatz nur die wichtigsten Wörter lerne, um mich fortzubewegen oder um mich in einer fremden Kultur zu orientieren.

Ganz einfach: Ich möchte reisen und nicht nur in den großen Ballungsräumen bleiben. Ich liebe diese Vielfalt der Natur, die Schlichtheit der Architektur, Wertschätzung anderen gegenüber, Respekt im Umgang miteinander und das japanische Essen. Wenn es auch Dinge gibt, die nicht zu meinen Lieblingsspeisen werden.

Natürlich hat jeder Kultur auch Schattenseiten, so ist die ältere Generation doch noch sehr in alten Rollenmustern verhaftet. Ein Arbeitsvisum ist an den JLPT 4 geknüpft – der nicht so einfach ist! Aber davon darf man sich nicht abschrecken lassen.

 

Die japanische Bildsprache

Bekannt durch Manga-Comics. Bereits im 8. Jahrhundert wurde diese skizzenhafte Darstellung von buddhistischen Mönchen ins Leben gerufen. Sie zeigen Momentaufnahmen der japanischen Kultur und Gesellschaft der Edo-Zeit. Der Begriff Manga wurde aber erst 1814 vom Holzschnittkünstler Katsushika Hokusai geprägt. Er kreierte eine Reihe von Skizzen im Holzschnitt.

(Übrigens wurde diese Form der skizzenhaften Darstellungen in Form eines Kunstwerks erst im 19. Jahrhundert in Europa in der modernen Malerei verwendet. Davor waren Skizzen nur Vorarbeiten zu einem Kunstwerk, siehe Punkt 8).

Die Sprache der Manga Comics ist schnell erfassbar. Emotionale Bilder und kurze, emotionale Wörter prägen den Stil. Wörter, die aus der mündlichen Sprache genommen werden. Also keine Wörter mit Kanji.

Der mündliche japanische Wortschatz beinhaltet sehr viel Wörter, die ein Geräusch nachahmen. Mann nennt dies Onomatopoesie. Diese Wörter werden auch gerne in Manga Comics verwendet. Deshalb wirkt diese Comicsprache auch so lebendig und emotional.

Kurze Silbenabfolgen (unsere Babysprache »wauwau«) werden zu Wörter, die in der alltäglichen japanischen Kommunikation selbstverständlich angewendet werden. Im Japanischen kann man damit Feinheiten eines Zustands besser beschreiben. Z.B, die Art des Regens.

 

Japanische versus westliche Lesegewohnheit

Was passiert, wenn man alte Gewohnheiten hinter sich lässt? Ein besonderes Erlebnis ist es, wenn man das erste Mal ein japanisches Buch in Händen hält oder Kanji versucht zu lesen.

Dann merkt man erst einmal, wie stark unser tägliches Leben durch Gewohnheiten geprägt ist und was passiert, wenn man diese auch mal verlässt. Was passiert, wenn man plötzlich eine andere Leserichtung einschlagen muss, um Informationen zu erfassen?
Es fällt mir immer noch schwer, von oben nach unten und von rechts nach links zu lesen – also von hinten nach vorne. Denn das japanische Buch fängt für uns hinten an. Der Titel ist dort, wo der Bund rechts ist.

Grafikdesign und Kunst

Für meine Gestaltungsarbeiten habe ich mir einige Herangehensweisen der japanischen Designer abgeschaut. So empfand ich unsere starren Gestaltungsregeln (Nähe, Konkurrenz, …), Proportionenlehre und Raster (Goldene Schnitt, Fibunacciraster) einengend. Sie lassen mir nicht genug Freiheit oder Raum für die Komposition der Elemente. Im Gegensatz zu den 80er Jahren, in denen jedes Gestaltungsobjekt durch ein Raster gehalten wurde, löste ich mich immer weiter weg von Rastern hin zu Hilfslinien. Die Wirkung der Elemente ist wichtiger als die Ausrichtung am Raster, um eine perfekte Raumaufteilung zu erhalten. So zeigen es uns auch die japanischen Gestalter.

Wichtig sind Blickführung, Emotionen und Spannung, die ein Bild erzeugt. Dingen ihren Raum geben und sie wirken zu lassen – wie im Ikebana.
Das Anschneiden von Elementen, die unseren Blick über das Format hinaus lenken und somit auch unseren Geist zum Denken anregen. Dadurch lassen sich Geschichten durch eigene Bilder und Gedanken fortsetzen.

Würden wir alles brav ausrichten, fehlt die Dynamik. Es wird für den Betrachter langweilig und er verliert schnell das Interesse. Das Spiel mit der Weißfläche ist keine Erfindung des Bauhauses, sondern wurde von der japanischen Malerei abgeschaut. Das Loslösen der Malerei von seiner Perspektive erfolgte in den 20er Jahren und beruhte auf dem Einfluss der japanischen Künstler, die auf der Weltausstellung Paris 1889 erstmals ihre Werke in Europa zeigten. Was folgte, war die »Moderne Malerei« des 19. Jahrhunderts mit unterschiedlichen Ausprägungen.

Nachhaltigkeit als Bestandteil der Kultur

Die Kunst der Verpackung und die Präsentation von Speisen beherrschen Japaner. Aus wenigen Rohstoffen ein optisches Vergnügen zu bereiten, verstehen sie. In Japan ist es eine eigenständige Kunstform, Geschenke zu verpacken. Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun, es bringt die Liebe und Zuneigung für den Beschenkten zum Ausdruck. Furoshiki (風呂敷) nennt man die Verpackungskunst durch einen Stoff.

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Weigle

Cornelia Weigle
Ich unterstütze Experten, Soloselbstständige & Arztpraxen dabei, ihre Expertise, die sie schon lange haben, visuell zu zeigen. Egal ob sie am Anfang stehen oder schon einige Jahre selbstständig sind. Wichtig sind die Geschichten, die in eine visuelle Strategie eingebettet werden, um daraus ein einzigartiges Marken- oder Logodesign zu kreieren. Denn wer will nicht einzigartig sein, sich aus der Masse hervorheben, sich abgrenzen - alles in allem - unkopierbar sein und in Erinnerung bleiben?

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